Die Grafik zeigt die sechs Grundlagen von The Work nach Ansicht von Barbara Nobis.
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Grundlagen von The Work of Byron Katie (Teil 1)

Voraussichtliche Lesedauer: 13 Minuten

Das Foto zeigt Byron Katie, die Stifterin von The Work
Byron Katies Philosophie, dass wir immer dann leiden, wenn wir unsere negativen Gedanken glauben, ist eine sehr wichtige Grundlage von The Work. © Foto: Byron Katie

Anmerkung vorab: Die Grundlagen von The Work (Teil 1)

Bei den von mir vorgestellten sechs wichtigen Grundlagen von The Work handelt es sich um meine subjektive Sicht.

Der Artikel behandelt zunächst die Frage, wie und warum die Methode The Work zu Byron Katie kam. Darauf basiert die erste Grundlage von The Work, nämlich Byron Katies Beobachtung, dass unsere Gedanken nicht unbedingt der Realität entsprechen. Grundlage 2 von The Work ist ihre Religionsfreiheit. Dennoch erinnert das achtsame Beobachten der Gedanken und Gefühle an die Achtsamkeitspraxis eines Jon Kabat Zinns (MBSR). The Work wird auch als Inquiry-based stress reduction (IBSR) bezeichnet. Eine weitere wichtige Grundlage von The Work ist meines Erachtens ein Blick darauf, wie The Work funktioniert.

Wer ist Byron Katie? 

Byron Katie wurde in Texas am 6. Dezember 1942 als BYRON KATHLEEN REID geboren. Sie ist Mutter von drei Kindern und war als Geschäftsfrau tätig. Mitte der 1970er Jahre glitt die US-Amerikanerin in eine Spirale der Abhängigkeit von Suchtmitteln. Zudem litt sie an Depressionen. Auf Byron Katies Website drückt Katies Autorenteam dies folgendermaßen aus:

https://thework.com/sites/de/uber-byron-katie/ abgerufen am 16. Juni 2024

Was war genau passiert? Es heißt, Byron Katie habe in der Nacht vor ihrem Erwachen aus Ekel vor sich selbst auf dem Fußboden geschlafen. Ihr »Erwachen zur Wirklichkeit« sei geschehen, als ihr am Morgen eine Kakerlake über den Fuß gelaufen sei. Hatte sie möglicherweise kurz zuvor gedacht, dass es keine Kakerlaken geben dürfe?

The Work: Eine Anleitung, um negative Gedanken loszulassen

Egal, welcher Gedanke ihr kurz vor dem »Erwachen zur Wirklichkeit« gekommen sein mag: Byron Katie machte eine fundamentale Entdeckung, die später die Grundlage von The Work wurde: Sie erkannte, dass sie jedesmal litt, wenn sie einen negativen Gedanken für wahr hielt. Glaubte sie ihn nicht, spürte sie in sich jenen tiefen Strom der Lebensfreude, die ursprünglich allen Menschen eigen ist. Diese scheinbar grundlose Freude fühlen allerdings meist nur erleuchtete Personen.

In den Büchern von Byron Katie heißt es, dass die US-Amerikanerin The Work als Geschenk empfangen habe. Dazu schrieb sie ihre belastenden Gedanken auf einen Zettel und untersuchte deren Wahrheitsgehalt mittels vier Fragen und (meist) drei Umkehrungen. Seitdem gibt Byron Katie The Work, diese Anleitung für mehr Selbstliebe und Lebensfreude weiter, um möglichst vielen Menschen ebenfalls das »Erwachen zur Wirklichkeit« zu ermöglichen.

Die Grafik zeigt die sechs Grundlagen von The Work nach Ansicht von Barbara Nobis.
Die Grafik zeigt die sechs Grundlagen von The Work nach Ansicht von Barbara Nobis. © Grafik: Barbara Nobis

Erste Grundlage: Unsere belastenden Gedanken entsprechen nicht unbedingt der Realität

Dieses Erwachen zur Wirklichkeit entspricht dem Gedanken, all das »zu lieben, was ist«. Es bedeutet nach Auffassung von Ralf Giesen für Byron Katie nicht, einen belastenden Gedanken zur Gewalt, zu Kriegen und zur Umweltzerstörung mit Gleichgültigkeit zu begegnen. Vielmehr dienen diese Erscheinungen dazu, in sich selbst zu forschen, wo es da im eigenen System Gedanken des Krieges, der Gewalt und der Zerstörung gibt. Ralf Giesen schreibt:

Katie, Byron. Wer bin ich ohne diesen Gedanken?: Weisheit für jeden Tag (German Edition) . Arkana. Kindle-Version.

Zweite Grundlage: The Work hat keinen religiösen Hintergrund

Mit dem »Erwachen« verschwanden die Depression und die Aggressivität von Byron Katie im Nichts. Ähnlich wie Eckhart Tolle war sie plötzlich ohne jegliche Bestimmung/Anbindung an all die Überzeugungen, die ihr noch am Abend zuvor das Leben unerträglich gemacht hatten. Stattdessen war da tief in ihr dieses Gefühl der grundlosen Lebensfreude. Um diesen Zustand zu erfahren, hatte sie keine Mantren rezitiert und war auch kein Mitglied einer spirituellen oder religiösen Gemeinschaft gewesen. Gefragt, ob sie vor ihrer Lebenswende im Jahr 1986 eine Religion gehabt hätte, antwortete Byron Katie:

Katie, Byron. Wer bin ich ohne diesen Gedanken?: Weisheit für jeden Tag (German Edition) . Arkana. Kindle-Version.

Und was ist mit Gott? Auch hierzu äußert sich Byron Katie in ihren Büchern, so etwa in ihrem Werk namens »Lieben was ist«. Hier kommt Byron Katie wieder auf ein wichtiges Merkmal von The Work zu sprechen, nämlich die hundertprozentige Akzeptanz dessen, was ist. Nach Ansicht der Work-Stifterin wird das Leben durch das »Lieben, was ist« angstfrei und mühelos. Warum? Der Mensch ist sich bewusst, dass er nicht der Macher ist. Er hat erkannt, dass der kreative, weise Geist des Universums das Sagen hat. Gott ist demnach ein anderer Name für das Namenlose, die Realität, das Gütige, das Liebende, das Unbewegliche.

Die Grafik »zu Work und den Religionen« zeigt, dass The Work keinen religiösen Hintergrund.
Die Grafik zeigt, dass The Work keinen religiösen Hintergrund aufweist. Nach Barbara Nobis ist dies die zweite Grundlage von The Work. © Foto: depositfotos/Barbara Nobis

Dritte Grundlage: The Work arbeitet mit vier Fragen und (meist) drei Umkehrungen

Mit diesem grundlegenden Wissen um Byron Katies Philosophie können wir uns anschauen, wie und warum the Work funktioniert. Zunächst zum Warum: Wenn Sie worken, begegnen Sie einem Gedanken eine Work lang sehr achtsam. Sie betrachten sehr genau, wie sich dieser Gedanke anfühlt. Sie werden sich gewahr, wie drastisch sich ein negativer Gedanke mitunter auf Ihr Leben auswirken kann. Durch das Worken (entweder schriftlich oder mit einer begleitenden Person) entdecken Sie, dass auch gegensätzliche, entlastende Perspektiven wahr sein können.

The Work erklärt an der beispielhaften Untersuchung eines negativen Gedankens

Kommen wir zum »Wie« einer Work, also zur Frage wie diese (Selbst)Coaching-Methode funktioniert: Dazu folgende fiktive Situation:

Susanne arbeitet in der Vertriebsabteilung eines Herstellers für Süßwaren. Seit Monaten bemüht sie sich, neue Kunden zu gewinnen und bestehende Geschäftsbeziehungen auszubauen, doch ihre Verkaufszahlen stagnieren. Gleichzeitig schafft es ihre neue Kollegin Marie, immer wieder große Aufträge abzuschließen und wird dafür vom Teamleiter gelobt. Als Marie wieder einmal einen Erfolg verkündet, denkt Susanne bedrückt: »Mit mir stimmt etwas nicht.« Susanne weiß um die Coaching-Methode von The Work und hinterfragt nach Feierabend den belastenden Gedanken »Mit mir stimmt etwas nicht«

Frage 1 von The Work: GEDANKE + Ist das wahr?

Susanne notiert auf Byron Katies Arbeitsblatt »Untersuche eine Überzeugung« ihren belastenden Gedanken: Mit mir stimmt etwas nicht. Ist das wahr?

Danach spürt sie in sich hinein. Steigt auf die Frage, ob es wahr ist, dass mit ihr etwas nicht stimmt, ein Ja oder ein Nein auf? Die gefühlte Antwort lautet: Ja, das ist wahr. Wäre da jetzt in ihr ein »Nein« gewesen, hätte sie ihre Work mit der dritten Frage fortgesetzt. So ist es ein »Ja«. Deshalb stellt sich Susanne die zweite Frage von The Work.

Frage 2 von The Work: GEDANKE + Kann ich mit absoluter Sicherheit wissen, dass das wahr ist?

Bei der zweiten Frage überprüft Susanne, ob sie tatsächlich mit absoluter Sicherheit wissen kann, dass mit ihr etwas nicht stimmt. Nein, das kann Susanne nicht mit absoluter Sicherheit wissen. Es schimmert eine Ahnung durch dieses Nein. Susanne ist jetzt nicht mehr hundertprozentig davon überzeugt, dass mit ihr etwas nicht stimmt, nur weil sie jetzt seit längerem keinen neuen Kunden akquirieren konnte. Es wäre jedoch auch in Ordnung gewesen, wenn ein erneutes »Ja« in Ihr aufgestiegen wäre.

Die Grafik illustriert, dass eine Work aus vier Fragen und drei Umkehrungen besteht. Dadurch kann es dem  Workenden gelingen, eine negative Perspektive zu entkräften und positive Handlungsansätze zu erkennen.
Bei einer Work beantwortet eine Person zunächst vier Fragen und kehrt im Anschluss seinen belastenden Gedanken mehrmals um. Dadurch kann es dem workenden Menschen gelingen, eine negative Perspektive zu entkräften und positive Handlungsansätze zu erkennen. © Grafik: Barbara Nobis

Frage 3 von The Work: GEDANKE + wie reagiere ich, was passiert, wenn ich diesen Gedanken glaube?

Hier fokussiert sich Susanne zunächst auf die belastenden Gefühle und Körperempfindungen, die mit dem Gedanken »Mit mir stimmt etwas nicht« verknüpft sind. Die Vertrieblerin nimmt in sich einen Druck im Bereich des Nabels wahr. Es ist, als läge dort ein Stein, der sie nach unten zieht. Sie fühlt untergründige Trauer, Selbst-Ablehnung und Hoffnungslosigkeit. Zusätzlich ist da eine Spur Neid hinsichtlich ihrer neuen Kollegin Marie. Wow, soviel ungute Gefühle, die da in ihr präsent sind, wenn sie glaubt, dass mit ihr etwas nicht stimmt!

Und wie reagiert Susanne, wenn sie dem negativen Glaubenssatz aufsitzt, dass mit ihr etwas nicht in Ordnung sei? Sie merkt, dass sie Marie gegenüber immer häufiger feindselige Gedanken hegt. Susanne registriert, dass sie Marie in der Wertigkeit über sich stellt. Ihr wird bewusst, dass es ihr nicht gut tut, wenn sie ihr »In-Ordnung-Sein« von ihrem beruflichen Erfolg abhängig macht. Hat dieser negative Glaubenssatz seine Ursache in der Vergangenheit? Susanne sieht Szenen aus ihrer Kindheit: Nachmittags brauchte sie nach Meinung ihrer Mutter viel zu lange für die Hausaufgaben, wobei ihr insbesondere die Rechtschreibung schwer fiel. Und ja, ihre Eltern glaubten deshalb eine Zeitlang, mit ihrer Tochter stimme möglicherweise etwas nicht.

Frage 4 von The Work: GEDANKE + wer wäre ich ohne diesen Gedanken?

Mit der vierten Frage stellt sich Susanne dieselbe Situation im Büro ohne den belastenden Gedanken vor. Sie befindet sich vor ihrem Computer und arbeitet an einer Präsentation. Ihr gegenüber sitzt Marie, reckt die Faust in die Höhe und triumphiert: »Deal! Kunde XY will die gesamte Palette unserer veganen Weingummis in sein Sortiment aufnehmen.«

Ohne den Gedanken »Mit mir stimmt etwas nicht« fühlt sich Susanne von der Freude ihrer Kollegin nicht getriggert. Da sind in ihr keine Unsicherheit und keine Selbstabwertung. Es fühlt sich leicht in ihr an, wenn sie sich das Szenario im Büro nochmals vorstellt.

Das Bild zeigt den Schriftzug DENK UM als Anregung, belastende Gedanken mittels The Work of Byron Katie in einem Coaching mit Barbara Nobis zu hinterfragen und gegebenenfalls zu verändern.
Umkehrungen sind ein wichtiger Bestandteil von The Work. Insbesondere als »gelebte Umkehrung« ermutigen Sie den Workenden, entlastende, positive Situationen im eigenen Leben zu schaffen. © Grafik: Barbara Nobis

The Work endet in der Regel mit drei Umkehrungen des negativen Glaubenssatzes

Manchmal fällt es einer workenden Person schwer, sich bei der vierten Frage eine Situation ohne den belastenden Gedanken vorzustellen. Deshalb sind die Umkehrungen sehr hilfreich, um einen negativen Glaubenssatz in der Tiefe zu hinterfragen. Der Grund: Die Umkehrungen ähneln oft jenen paradoxen Fragen, die systemische Coaches in einer Sitzung nutzen. Sie konfrontieren den workenden Menschen mit einer gegensätzlichen Perspektive durch die Umkehrung zu sich selbst, ins Gegenteil und zum betreffenden Mitmenschen.

In der eben beschriebenen Situation im Büro hätte die Vertrieblerin auch folgenden Gedanken worken können: »Marie will mich übertrumpfen«. Dieser Satz kann folgendermaßen umgekehrt werden.

  • Marie will mich nicht übertrumpfen (Umkehrung ins Gegenteil)
  • Ich will mich übertrumpfen (Umkehrung zu sich selbst)
  • Ich will Marie übertrumpfen (Umkehrung zum Nächsten)

Susanne würde sicherlich für jeden dieser Gedanken drei Beispiele finden, die ebenso wahr wären wie der anfängliche Glaubenssatz.

Mögliche Umkehrungen, wenn sich ein Glaubenssatz ausschließlich auf die workende Person bezieht

Allerdings lautete der negative Gedanke Susannes im eben dargestellten Beispiel: »Mit mir stimmt etwas nicht«. Diesen Glaubenssatz könnte die Workende in sein Gegenteil verwandeln, nämlich in: »Mit mir stimmt alles«.

Was für ein Unterschied! Als Susanne den Wahrheitsgehalt dieses Satzes untersucht, bemerkt sie, dass sie als Mensch vollkommen in Ordnung ist. Wenn Sie ihren Hobbys nachgeht, ist sie stets mit sich völlig im Reinen. So war es zunächst auch als Grundschülerin gewesen – bis die Erwachsenen ihr vermittelten, dass wegen ihrer mangelhaften Rechtschreibung »mit ihr etwas nicht stimme«.

Gibt es eine weitere Umkehrung von »Mit mir stimmt etwas nicht«? Ja, die gibt es, wenn Susanne das »Mir« durch den Begriff »meine Gedanken« ersetzt, also: »Mit meinen Gedanken stimmt etwas nicht«. Susanne findet sehr schnell ein Beispiel, das den Wahrheitsgehalt des Satzes unterstreicht: Mit den negativen Gedanken stimmt etwas nicht, weil sie Susanne leiden lassen. Die Gedanken sind darüber hinaus nicht stimmig, weil sie Susanne im Arbeitsleben zur Perfektion antreiben. Die Workerin findet ein weiteres Beispiel, dass »mit ihren Gedanken etwas nicht stimmt«, wenn diese um einen Vergleich mit anderen kreisen. Sie bemerkt, dass dies ihre Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit untergräbt.

Ausblick auf den zweiten Teil zu den Grundlagen von The Work:

Sie interessiert ein anderer Aspekt von The Work? Teil 2 meines Artikels geht auf folgende Grundlagen ein: Warum ist nicht die Umwelt, sondern ich selbst die Quelle meines Glücks. Wie hilft mir das Arbeitsblatt »Urteile über Deinen Nächsten« dabei, dies zu erkennen? Warum stärkt The Work meine Selbstverantwortung? Last but not least ist die vielseitige Anwendbarkeit von The Work ein wesentliches Kennzeichen dieser Coaching-Methode (Grundlage Nr. 6). Hinsichtlich dessen, was wir denken, gibt es meiner Ansicht nach keine Beschränkungen. Darum kann alles, was gedacht wird, auch mittels The Work hinterfragt werden. Es stellt sich jedoch die Frage, ob es Themen oder Situationen gibt, in denen The Work nicht das Mittel der ersten Wahl ist.

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